Die UNITED wirbelt mit einem Absolventinnen-Duo an der erweiterten Bob-Weltspitze mit. Die beiden Kraftpakete überzeugten bei der Saisoneröffnung an diesem Wochenende trotz höchst unterschiedlichem Ausgang.
Melanie Hasler stürmte in Sigulda (Lettland) bei ihrem erst zweiten(!) Weltcup-Rennen in geradezu sensationeller Manier auf Platz 4. Die UNITED-Absolventin von 2018 zeigte keinerlei Anlaufschwierigkeiten, lieferte an der Rampe zusammen mit ihrer Bremserin Jasmin Naef grundsolide Starzeiten ab und gefiel mit zwei fahrerisch geschmeidigen Auftritten. Bei Halbzeit belegte Melanie Rang 5, keine Zehntelsekunde hinter dem Podium. Auch im finalen Durchgang konnte die UNITED-Absolventin von 2018 ihre Leistung bestätigen, übernahm bei der Zieldurchfahrt die Führung und rückte in der Endabrechnung auf Rang vier vor.
Nadja-Marie Pasternack (hinten) verhilft dem Fontanive-Team jeweils zu Weltklasse-Startzeiten. Bild: zVg.Der Ranggewinn war bedingt durch «Schweiz 1» mit Nadja-Marie Pasternack als Anschieberin. Nadja-Marie, die zwischen 2011 und 2015 unsere Schule mit Erfolg durchlief, und ihre Pilotin Martina Fontanive lagen bei Halbzeit zunächst hervorragend im Rennen. Gar der erstmalige Sprung aufs «Weltcup-Stockerl» schien machbar. Dann, nach etwa der Hälfte von Heat 2 das Malheur, ja vielmehr der Schock. Nadja-Maries Schlitten crashte nach einer Kurve, mit fast 100 Stundenkilometern donnerte der Bob auf der Seite liegend ins Tal. Glücklicherweise blieben Nadja-Marie und ihre Pilotin abgesehen von einigen blauen Flecken und Schürfungen unverletzt. Doch die Spitzenplatzierung war futsch, «Schweiz 1» fiel auf Position 8 zurück. Mit Irina Strebel zählt eine weitere UNITED-Absolventin (Abschluss 2016) zum Fontanive-Bobteam.
Ein Olympiasieger als Mentor
Sowohl Melanie Hasler wie auch Nadja-Marie Pasternack blicken auf erstaunliche, ungewohnte Karriere-Wege. Nadja-Marie fand als «gebürtige» Leichtathletin mit Akzent auf Speer und Diskus den Weg in den Eiskanal. Natalie Maag, die Rodlerin, «Klassengspänli» aus UNITED-Zeiten, motivierte sie einst, bei den Anschieb-Meisterschaften mitzumachen.
Melanie HaslerEine langwierige Schulterverletzung setzte sie für den Tartan vorübergehend ausser Gefecht. Ein umtriebiger Bob-Funktionär hatte da bereits Lunte gerochen und Nadja-Marie die Highspeed-Fahrten in der Eisröhre schmackhaft gemacht. Jener Bob-Funktionär war dann auch im Falle von Melanie Hasler der zentrale Lotse. Der Vertreter von Swiss Sliding stellte sich als Christoph Langen heraus, ehemals selbst ein Weltklasse-Mann an den Steuerseilen und inzwischen Schweizer Nachwuchs-Chef. Langen kam Melanies Sprungkrafttest in die Hände. Wenig später wurde der Doppel-Olympiasieger bei Melanie und ihrem Klubtrainer auf dem Volleyball-Feld vorstellig. Richtig, Melanie galt in ihren Jugendjahren als Volleyball-Talent. Als 17-Jährige stand sie bereits bei einem NLB-Klub unter Vertrag und war für «Bob-Kalbereien» eigentlich nicht verfügbar. Nach zahlreichen Gesprächen, involviert waren nicht nur die Sportarten-Cheftrainer, am Verhandlungstisch sassen auch Vertreter der UNITED und die Verantwortlichen von Melanies Ausbildungsbetrieb, konnte doch eine Lösung erzielt werden. Die hiess dann: Wechsel der Sportart, Einstieg als Bob-Anschieberin auf Stufe Europa-Cup. Der Rest ist Geschichte.
Ein Lamborghini-Schlitten
Melanie, mittlerweile Bobpilotin, wäre auch in diesem Winter für Einsätze auf zweithöchster Stufe vorgesehen gewesen. Athletisch machte sie in diesem Sommer indes enorme Fortschritte. Die Absolvierung der Spitzensport-Rekrutenschule zahlte sich voll aus. So zeigte sie in den vier Selektionsrennen von Swiss Sliding, dass sie den Vergleich mit «Schweiz 1», dem erfahrenen Bob mit Anschieberin Nadja-Marie, keineswegs scheuen muss. Der Lohn: Melanie darf bereits in ihrem zweiten Winter als Pilotin im Weltcup an den Start.
Der sportliche Express-Aufstieg bringt organisatorisch gehörig Mehraufwand mit sich. Als Pilotin ist sie gleichzeitig verantwortlich für ihr Bob-Gespann und damit so etwas wie ein «Driving Manager». Melanie kümmert sich um viel Organisatorisches, nicht zuletzt um die Vermarktung und damit um die Finanzierung ihres Teams. Auf diesen Winter hin investierte Melanie massiv in ihr Material. Im Hinblick auf Olympia 2022 legt Melanie nochmals eine Schippe drauf. Nebst neuen Kufen kaufte die Frohnatur auch einen neuen Schlitten. Kostenpunkt: 55’000 CHF. Versicherungen, Hotelübernachtungen, Benzin- und andere Transportaufwände schrauben das Saisonbudget auf 70’000 CHF. «Ich bin unendlich dankbar, kann ich mich auf die grosse Unterstützung meiner Familie, meines Umfelds und meiner zahlreichen Gönner und Sponsoren verlassen. Dank ihnen kann ich meine grosse Leidenschaft erst ausleben», gibt Melanie unumwunden zu.
Die nächste Bewährungsprobe biete sich den zwei pfeilschnellen UNITEDS bereits am kommenden Wochenende. Abermals in Sigulda steht das zweite Weltcup-Rennen an.
Wir drücken Melanie und Nadja-Marie weiterhin die Daumen und wünschen einen erfolgreichen Winter. (27.11.2020).