Lockdown-Spotlight: Von Millimetergriffen und dem freien Fall

Die Welt des Sports verlangsamte sich in den letzten Wochen. Dass sie sich weiterdreht, zeigen (auch) unsere Lernenden. Ein Einblick in deren Trainingswelt während des Lockdowns. Heute: Michel Erni, Sportklettern.

Statt im Langbecken, im Hockey-Ring oder auf die Kampfmatten geht Michel Erni in die Vertikale. Dank viel Eigeninitiative ist der Trainingsalltag des Klettertalents weniger eingeschränkt als anderswo. Das Trainingszentrum des 17-Jährigen befindet sich in diesem Frühling im Obergeschoss seines Zuhauses. Prunkstück seiner sportlichen Homebase ist eine selbst gebaute Kletterwand. Dutzende kleine und kleinere Griffe und Tritte schmücken die senkrechte, meist aber überhängende Wand. «Da hänge ich jeden Tag während mindestens einer Stunde», gibt Michel Auskunft. Sportartspezifisches Krafttraining in ähnlichem Umfang ergänzen das Training. So etwa Klimmzüge oder Klimmzüge mit Zusatzgewicht, einhändig ausgeführt oder lediglich mit zwei Fingern. Wöchentlich kommt Michel so auf rund 10 Stunden. Dass Michel an den letzten UNITED-Sporttests in der Klimmzug-Sparte einen neuen Schulrekord aufstellte, erstaunt darob niemanden.

Beim Sportklettern fasziniert Michel die grosse Abwechslung. «Jede Route ist anders. Oftmals entscheiden Kleinigkeiten, ob ich eine Schlüsselstelle meistere.» Eine wichtige Komponente nimmt die Kopfarbeit ein. Michel «Wenn ich am Limit bin, ist absolute Konzentration gefordert. Dass ich bei einem Fehler mehrere Meter in die Tiefe stürzen kann, gibt dem Ganzen einen zusätzlichen Kick.», erklärt Michel den besonderen Reiz.

Natürlich geriet auch die Wettkampfagenda gehörig durcheinander. So fielen Wettkämpfe des Swiss Cups, der nationalen Serie, aber auch Anlässe auf Stufe Europa-Cup und gar der Heim-Weltcup in YX wurden verschoben respektive abgesagt. Gerade die Premiere auf oberster Stufe wäre natürlich spannend gewesen. Michel, der seit diesem Frühjahr der Nachwuchs-Nationalmannschaft angehört, hätte sich mit den weltbesten Sportklettern messen können.

Auf die sportlichen Ziele haben Michels mittelfristige Ambitionen freilich keinen Einfluss. Nachdem der UNTIED-Lernende im vergangenen Jahr die Schweizer U18-Kategorie anführte, rückte er nun altersbedingt in den Aktiv-Bereich. Dort muss sich Michel nun wieder emporarbeiten. Viele der Konkurrenten gehören der A-Nationalmannschaft an und verfügen naturgemäss noch über ein grosses Plus an Erfahrung.